Neuropädiatrie
Was ist Neuropädiatrie?
Neuropädiatrie befasst sich mit der körperlichen und geistigen Entwicklung und den möglichen Störungen und Erkrankungen des Nervensystems von Kindern und Jugendlichen. Gehirn, Rückenmark, Nerven und Muskeln können durch Veränderungen in ihrer Anlage, schädigende Einflüsse während Schwangerschaft und Geburt, Erkrankungen vielfältiger Ursachen und Art sowie Unfälle beeinträchtigt werden und die optimale Entwicklung des Menschen gefährden. Ein grundlegendes Verständnis der Biologie unserer Entwicklung ist also notwendig, um die Faktoren zu erkennen und zu behandeln, die die Entwicklung von Kindern und Jugendlichen beeinträchtigen und damit zum Gegenstand neuropädiatrischer Untersuchungen und fördernder Behandlungskonzepte werden.
Was ist ein Neuropädiater?
Ein Neuropädiater ist ein Kinder- und Jugendarzt der sich auf die Entwicklung und Erkrankungen des Nervensystems spezialisiert hat. Neuropädiater haben nach Medizinstudium und über fünfjähriger Facharztausbildung zum Kinder- und Jugendarzt eine mindestens dreijährige spezialisierte Weiterbildung durchlaufen. In dieser Zeit haben sie sich mit den Untersuchungsmethoden und Behandlungsverfahren des Nervensystems vertraut gemacht, fundierte Kenntnisse über die Entwicklung von Kindern und Jugendlichen erworben sowie spezialisierte Erfahrungen in der Erstellung von Behandlungsplänen gesammelt. Neuropädiater sind in der Regel Mitglied der "Gesellschaft für Neuropädiatrie" (www.neuropaediatrie.com), die eng mit der "Deutschen Gesellschaft für Kinder- und Jugendmedizin" (DGKJ) zusammenarbeitet.
Womit befasst sich die Neuropädiatrie?
Die Neuropädiatrie umfasst ein weites Spektrum von Aufgaben, das von der sehr häufig benötigten Beurteilung der Entwicklung bis zur Behandlung sehr spezieller und seltener Erkrankungen reicht.
Im Vordergrund steht die Diagnostik und Therapie von Bewegungsstörungen, von Anfallserkrankungen = Epilepsien und von Entwicklungsstörungen.
Bewegungsstörungen können durch vielfältige Ursachen auf verschiedenen Ebenen des komplexen motorischen Systems entstehen (Gehirn, Nerven, Muskeln). Der Neuropädiater entwickelt nach der Ursachenklärung in enger Zusammenarbeit mit anderen Fachgruppen individuelle Behandlungskonzepte, die auch Medikamente (wie z.B. Botulinumtoxin) und gelegentlich Operationen einschließen können, um schmerzfreie Beweglichkeit sowie erleichterte Bewegungsabläufe zu erreichen und damit die Lebensqualität zu verbessern.
Die Häufigkeit von Krampfanfällen macht die Epileptologie zu einem Schwerpunktbereich der Neuropädiatrie. Die harmlosen Fieberkrämpfe gehören zu den häufigsten Notfällen in der Kinderheilkunde. Die Beurteilung akuter Krampfanfälle mit Ursachenklärung und Einschätzung des weiteren Verlaufes hinsichtlich der Entwicklung einer chronischen Anfallskrankheit (Epilepsie) sowie die Behandlung gehören in die Verantwortung des Neuropädiaters. Aus der Palette wirksamer Medikamente muss das für den einzelnen Patienten passende ausgewählt und die Behandlung fortlaufend überwacht werden. Manchmal muss der Nutzen einer Operation oder spezieller Diäten erwogen werden. Eine umfassende Beratung über die Auswirkungen einer Anfallserkrankung auf das Leben in Familie und sozialem Umfeld (Schule und Freizeit) ist erforderlich. Überlegungen zur geeigneten Berufsfindung finden gemeinsam mit Epilepsiezentren und geeigneten Einrichtungen statt.
Die Entwicklungsneurologie hat die Einschätzung der körperlichen und geistigen Entwicklung von gesunden und kranken Kindern zur Aufgabe, einschließlich der Beurteilung des voraussichtlichen weiteren Verlaufs. Ein für jeden einzelnen Patienten individuell erstelltes Behandlungskonzept erschließt umfassende Fördermöglichkeiten zum Beispiel durch Krankengymnastik, Sprachförderung, Ergotherapie und Pädagogik. Die kontinuierliche Betreuung durch den mit modernen Behandlungsverfahren vertrauten Neuropädiater ermöglicht langfristig die optimale Behandlungsplanung und kann sich bis ins junge Erwachsenenalter erstrecken.
Diagnostische Methoden in der Neuropädiatrie
In der Neuropädiatrie werden vielfältige Untersuchungsmethoden zur Diagnosestellung und Verlaufskontrolle eingesetzt. Diese finden teils in der Praxis, teils im Krankenhaus statt:
- Laboruntersuchungen von Blut, Liquor (Nervenwasser), Gewebeproben (z.B. Muskel)
- Ultraschall von Gehirn und Muskel
- Klinische Neurophysiologie: Am bekanntesten ist das Elektroencephalogramm (EEG / Schlaf-EEG/Polygraphen), die Aufzeichnung der Hirnstromkurve. Auf vergleichbare Weise können die Funktionsweisen von Nerven und Muskeln (NLG und EMG) erfasst und die Signalverarbeitung von Sinnesorganen beurteilt werden durch die sogenannten evozierten Potentiale: VEP (visuell), SEP (somato-sensorisch), MEP (motorisch), AEP (akustisch).
- Bildgebende Verfahren: Röntgenbilder des Schädels, Computertomographie und Kernspintomographie (MRT) in enger Zusammenarbeit mit Radiologen.
Mit wem arbeitet die Neuropädiatrie zusammen?
Die enge Zusammenarbeit mit dem betreuenden Kinder- und Jugendarzt steht an erster Stelle, um Erkrankungen möglichst früh diagnostizieren und optimal behandeln zu können. Die regelmäßigen Vorsorgeuntersuchungen bieten dafür die Basis. Die Neuropädiatrie hat besondere Gemeinsamkeiten und Schnittstellen mit der Sozialpädiatrie insbesondere auf dem Gebiet der Entwicklungsneurologie und in der Versorgung chronisch kranker Patienten. Es ist die vordringliche Aufgabe, für jeden Patienten ein Behandlungsteam zusammenzuführen, das sich um die verschiedenen Aspekte der oft komplexen neurologischen Krankheitsbilder kümmert. So wird man bei Bewegungsstörungen neben Physiotherapeuten gegebenenfalls die Mithilfe der Orthopäden u. Radiologen suchen, bei operationsbedürftigen Befunden am Gehirn die Neurochirurgen zu Rate ziehen. Weiterhin ist die gute Zusammenarbeit mit der Orthopädiemechanik erforderlich, um eine optimale Versorgung mit Hilfsmitteln (Kommunikations/Ernährungs/Fahr/Geh/Steh/Pflege- und Lagerungshilfen) zu erreichen.